Meine Fensterfront im Atelier

Habe ich eigentlich schon mein neues Atelier vorgestellt? Wenn nicht wird es aber höchste Zeit. Das Jahr 1895 scheint es mir angetan zu haben, meine verschiedenen Ateliers in der Speicherstadt wurden so um dieses Jahr herum gebaut und auch mein neues Atelier hat inzwischen 125 Jahre auf dem Buckel. Es ist das Obergeschoß, der ehemalige Heuboden, einer Scheune die zu einer ehemaligen Schmiede gehört. Die Atmosphäre ist – fast zu erwarten – auch so ähnlich wie in der Speicherstadt. Rund hundert Quadratmeter Fläche stehen mir zur Verfügung, nicht ganz so viel wie früher in meinen Speicherstadtflächen, aber immerhin noch doppelt so viel wie in der HafenCity. Das schönste an diesem Atelier ist, das es mir gehört und ich tun und lassen kann was ich will.

Platz für große Bilder

Die Südfront ist komplett verglast und versorgt mich mit viel Licht, ein komplett neuer Dielenfußboden gibt Barfußgefühl und im Unterschied zu den Böden in der Speicherstadt ist es – inzwischen – auch komplett isoliert so dass ich im Winter nicht frieren muss. Ein für die Kunst als Solches eher nebensächliche Detail ist die große Solaranlage auf dem Dach, die dafür sorgt das ich meinen Bildern zukünftig das Etikett „CO2-neutral entstanden“ anheften kann (Ist nur ein Witz, aber wer weiß, zukünftig vielleicht wichtig). Wenn ich durch die Fenster schaue fühle ich mich ein wenig wie Dornröschen, Rosen und Stockrosen umranken die Fenster, mein Blick fällt auf meine Kirsch- und Apfelbäume, Hortensien im großen Garten. Meine Lieblingsblüten also immer alle im Blick, je nach Jahreszeit wechselnd.

Fast zu jeder Jahreszeit Blüten

Manchmal vermisse ich den Trubel, den ich in der HafenCity um mich herum hatte, doch meistens genieße ich die schon fast kontemplative Stille die mich hier umgibt. Ich kann in Ruhe arbeiten, mir Gedanken um neue Projekte machen und der Natur beim jahreszeitlichen Wandel zusehen. Manchmal ist es sturmumtost und ich werde wieder daran erinnert das ich hier auf drei Seiten von Wasser umgeben bin: Im Nordosten die Ostsee, im Nordwesten die Geltinger Bucht und im Südwesten die Schlei, immer fast in Sichtweite, manchmal in Hörweite und ein Strand ist in jede Richtung nicht weit entfernt. Mir gefällt es hier, das Licht des Himmels, die langen Sommernächte, die leicht hügelige Landschaft und die immer frische Meeresluft lassen mich nach langen Jahren in der Großstadt einmal Aufatmen. Wenn im Frühsommer Angeln – so heißt der Landstrich hier, die Einwohner übrigen Angeliter – im knallgelben Kleid der Rapsfelder erblüht, komme ich mir vor als wäre ich mitten in einem Gemälde, wenn der Wind über die knallgrünen Getreidefelder streicht könnte man glatt in andächtiger Meditation verfallen.

Fast wie in der Speicherstadt

Klar, wo viel Licht ist gibt es auch Schatten: Der Winter gefällt mir hier genauso wenig wie überall. Hoch im Norden Deutschlands wird es noch früher dunkel und später hell, nicht ganz so schlimm wie in St.Petersburg aber es ist schon ein spürbarer Unterschied zu Hamburg. Dafür sind die Menschen schon fast dänisch entspannt, man merkt schon das es noch nicht so lange her ist, dass die gesamte Region zu Dänemark gehörte. Viele Straßen- und Ortsnamen zeugen noch von dieser Vergangenheit. Um die Ecke liegt Gundelsby, ein andere Ecke heißt Smahuus. Meine Adresse lautet zwar Schwensholz, klingt deutsch, kommt aber von Svenshult, also Svens Wald. Wikingerland – irgendwie passt das zu mir.