Mein Arbeitsplatz, Atelier und Galerie hat im Laufe der letzten Jahrzehnte schon so einige Veränderungen erfahren. War ich Anfang der 2000er Jahre ein echtes Speicherstadtgewächs – ich konnte das Werden der HafenCity aus den Fenstern meiner Böden im Laufe der Jahre aus verschiedensten Perspektiven miterleben – verschlug es mich zunächst nur privat, dann auch mit meinen kompletten Arbeitsplatz, in die HafenCity. Über fünf Jahre malte ich im Schaufenster in prominenter Lage, fast direkt an der Elbphilharmonie. In dieser Zeit machte ich wertvolle Erfahrungen, wurde richtig erfolgreich und selbstbewusst, eine Erfahrung die nicht jedem Künstler vergönnt ist. Hunderttausende haben im Laufe der Jahre meine Bilder gesehen und mich bei der Arbeit beobachtet, mich mit ihren Komplimenten zu immer neuen Höchstleistungen angespornt.
Aber die Jahre haben auch Kraft gekostet, immer auf dem Präsentierteller, immer die Abwägung zwischen Kommunikation und Arbeit und mit wachsender Bekanntheit wurde es immer schwieriger, überhaupt noch zum Malen zu kommen. Ich fing an mir ein Ausweichatelier an der Ostsee aufzubauen um zumindest an den Wochenenden auch mal wieder in Ruhe zum Arbeiten zu kommen. Der Erfolg zeigte nämlich unerwartete Konsequenzen: Hatte ich zu Anfang in der HafenCity tatsächlich noch Bilder in Reserve aus der Zeit in der Speicherstadt, waren zuletzt nahezu ausschließlich schon verkaufte Auftragsarbeiten in meiner Galerie zu sehen, ich arbeitete wie besessen, um zumindest ab und zu meinen Interessenten auch mal sofort verfügbare Bilder anbieten zu können. Ich merkte wie der Frust meiner „Liebhaber“ mit der Länge der Warteschlange wuchs – eine für beide Seiten unerquickliche Situation wenn man einmal von meinem wirtschaftlichen Erfolg absieht. Zu Anfang der Coronakrise, als absehbar war, dass die Galerie sowieso auf längere Zeit geschlossen werden musste, zog ich mich dann mit meinen Aufträgen komplett in mein Landatelier an der Ostsee zurück und konnte so für einige Zeit erstmals seit langem wieder in Ruhe an meinen Werken arbeiten. Ich fühlte eine Ruhe und Kreativität in mir, die ich lange vermisst hatte und letztlich traf ich dann die Entscheidung das Kapitel HafenCity zu beenden.
Es waren fünf tolle Jahre, aber die Aussicht auf weitere Jahre wie im Hamsterrad am Fließband zu malen, machten mir die Entscheidung leicht. Wirtschaftlicher Erfolg für einen Künstler ist großartig, aber nicht alles, einfach mal ein paar Umdrehungen aus dem Kreislauf nehmen und wieder aufatmen, sich auf die Kunst zu konzentrieren, nicht tausendmal am Tag die gleichen Fragen beantworten. Angeln, die Schlei und die Ostsee sind nun auch nicht das Ende der Welt, auch hier wimmelt es in den Sommermonaten von Touristen aus aller Welt und jedes zweite Auto kommt eh aus Hamburg, aber wer mich hier besuchen kommt, hat schon die erste Entscheidung getroffen und stolpert nicht per Zufall über meine Kunst.
Mein neues Atelier erinnert mich ein bisschen an die Speicherstadt, eine ehemalige Schmiede mit dem gleichen Baujahr und mit viel Potenzial. Immer noch viel Arbeit um es perfekt zu machen, aber da es nicht gemietet ist sondern mir gehört, habe ich alle Freiheiten und jede Investition lohnt sich. Es bleibt wahrscheinlich nicht aus, dass ich auch hier über kurz oder lang zur Touristenattraktion werde, aber ich kann es hier wesentlich besser steuern – und muss mich auch nicht mit dem Ordnungsamt über meine Blumen streiten. Wenn alles fertig ist, soll es mal ein kleines Kulturkleinod werden, CO2-Neutral – Ich habe auf dem Dach eine große Solaranlage – mit großem Garten in dem ich mich erholen kann. Meiner Kunst wird es gut tun, und mir auch.