Kinder wie die Zeit vergeht: Ich habe es immer noch nicht geschafft eine vernünftige Einweihung in meiner Werkstattgalerie zu feiern und schon sticht mir schon ein markantes Jubiläum ins Auge. Am 15. Februar jährte sich der fünfte Jahrestag des Einzugs in die Räumlichkeiten an der Elbphilharmonie. Nimmt man meine Zeit in der Speicherstadt dazu, kommen inzwischen fast schon 15 Jahre zusammen, in der ich annähernd am gleichen Platz gearbeitet habe – eine ganz schön lange Zeit für jemand, dem nachgesagt wird, dass er den Wandertrieb seiner tatarischen Vorfahren im Blut habe, oder auf gut hamburgisch: „Hummeln im Mors“ hat.
Scheint also ein Vorurteil zu sein, denn tatsächlich bin ich eher bodenständig und mich treibt es nur in meinen seltenen Urlauben in die weite Welt hinaus. Ich werde oft gefragt, ob ich nicht auch auf Messen oder in Galerien ausstellen würde und abseits meines Mantras „Ich habe keine Bilder“ ist ein weiterer Grund, dass ich mich auf diesem Parkett auch nicht wohl fühle – und nicht zuletzt auch der zeitliche und monetäre Aufwand für mich keinem Verhältnis zum Ertrag seht. Die letzten fünf Jahre haben für mich eindrucksvoll gezeigt das, wenn die Lage so wie in der HafenCity für mich stimmt, die Welt zu mir kommt und ich nicht in die weite Welt hinausmuss.
Ich habe es längst aufgegeben Statistiken zu führen, wieviel Menschen mich inzwischen kennen oder gesehen haben – es dürften ziemlich viele sein. Ich versuche auch keine Strichliste über die am meisten gestellten Fragen zu führen – trotzdem gibt es drei davon, die mir an guten Tagen dutzende Male gestellt werden: Ganz oben steht dabei die Frage, wie ich mir als Künstlerin denn eine Galerie in 1a-Lage leisten kann. Das beschäftigt die Menschen so sehr, dass ich manchmal versucht bin, irgendwelchen Quatsch zu antworten. Doch tatsächlich machen diese fünf Jahre eine Kombination von mehreren Faktoren möglich. Zum einen stimmt das Vorurteil natürlich nicht, dass die HafenCity nur ein Pflaster für Reiche ist. Mehr als ein Drittel der Bauten ist von Baugenossenschaften gebaut worden, die relativ erschwingliche Mieten aufrufen, wie in meinen Fall auch.
Dann zahlt sich natürlich auch die Sichtbarkeit aus, die Menschen mögen es, wenn es etwas zu sehen gibt, und auch wenn nur ein geringer Prozentsatz an Passanten tatsächlich als Käufer meiner Bilder in Betracht kommen, ist das immer noch eine Menge mehr Menschen, als ich über das Internet oder auf Ausstellungen erreichen könnte. Und ich erreiche über den Überraschungsmoment auch Gruppen, die möglicherweise noch nie über den Kauf von Kunst nachgedacht haben und sich über den flüchtigen Kontakt in meine Bilder verlieben. Als Künstler in so einer exponierten Position muss man sich aber auch klar sein, dass man starke Nerven braucht und sich eine dicke Haut zulegen muss. Konzentriertes Arbeiten ist an manchen Tagen nur in den Abend- und Nachtstunden möglich.
Nach fünf Jahren ist da mein Nervenkostüm auch nicht mehr immer das Beste, aber dank meines Landateliers in der Nähe von Kappeln kann ich inzwischen, wenn es mir zu viel wird, ins Grüne flüchten und bin danach wieder frisch. Klingt jetzt so als wäre alles eitel Sonnenschein, doch es gibt doch etwas, das ich überhaupt nicht mag – und nicht verstehe: Ich liebe meine Blumen und nicht nur die auf meinen Bildern, sondern auch die echten vor meinem Schaufenster. Und die müssen ganz schön was aushalten: So wie sie gerupft, befühlt und auch ausgerissen werden, scheinen die Menschen nicht glauben zu können, das sie echt sind und das ich sie nicht sehe wenn sie sie pflücken.