Es wird mal ein wenig ernster als sonst: Es geht mir um die Rolle als Künstlerin in einem immer noch von Männern dominierten Markt. Gleichberechtigung? Fehlanzeige, immer noch ist die männliche Rolle als Künstler eine komplett andere als die meiner Geschlechtsgenossinnen und mir. Sex, Drugs & Rock’n’roll, Skandal und Provokation? Als Mann ist das cool, sorgt für Gesprächsstoff und man ist sich seinen Platz im Feuilleton sicher, unabhängig welchen echten Stellenwert die erzeugte Kunst tatsächlich hat. Als Frau muss man da schon wesentlich zurückhaltender sein, wenn man nicht im gesellschaftlichen Abseits landen will. Wenn die Provokation nicht hilft, hilft vielleicht Sex?
Erstaunlich jedenfalls ist, wie viele meiner erfolgreichen männlichen Kollegen wirklich gutaussehend sind und die ihre Käuferinnen um den Finger wickeln. Kein Faktor? Doch, denn diejenigen die im Alltag die Kaufentscheidung für Kunst fällen sind erstaunlich häufig Frauen. Ich erlebe es selbst in meiner Werkstattgalerie, die Atmosphäre wechselt, wenn mein Mann Galeriedienst macht. Weibliche Besucherinnen, die zunächst in ihm den Künstler vermuten, sind sehr angetan von ihm, sobald ich auf der Bildfläche erscheine und sich der Irrtum aufklärt, besteht eine gute Chance, dass sich die Besucherinnen schnell verdrücken. Die, die bleiben, sind tatsächlich von meiner Kunst angetan, unabhängig meiner Person. Ich finde das inzwischen eher unterhaltsam als störend, aber es gab schon Momente in der Vergangenheit, da störte mich das schon sehr viel mehr, auch und gerade wegen des Etikettes, das man als Künstlerin schnell auf der Stirn kleben hat: Sie ist die Frau von irgendwem und vertreibt sich die Zeit mit malen, hat es nicht wirklich nötig.
Leider trifft dieses Vorurteil nicht selten auf meine Mitkünstlerinnen zu und bestätigt Zweifler an der Ernsthaftigkeit der weiblichen Künstler sich tatsächlich ihren Lebensunterhalt mit ihren Arbeiten zu verdienen. Na toll, jetzt sind wir auch noch selbst schuld an unserer Rolle? Ein bisschen schon, und auch wieder nicht. Ein Kollege machte mir mal ein Kompliment, über das vermutlich andere Frauen nicht gelacht hätten. Ich wäre eine der wenigen Kolleginnen mit Eiern in der Hose. Tatsächlich braucht man das als Frau in der Kunst, wenn man nicht Teil der MeToo-Debatte werden will und zwar mehr als die männlichen Mitspieler. Man muss schon tough und geschäftstüchtig sein, Bilder von „La Boheme“ kann man getrost vergessen.
Vor 100 Jahren sind an der Berliner Kunstakademie erstmals Frauen zum Studium zugelassen worden – nur wenige Monate nach der Einführung des Frauenwahlrechts – und immer noch machen die Werke von Künstlerinnen nur zehn Prozent der Museumssammlungen weltweit aus und die Preise in Auktionen betragen einen Bruchteil dessen, was männliche Künstler erzielen. Aber es ändert sich etwas, inzwischen tauchen immer mehr Frauen in den Ranglisten der Auktionshäuser mit nennenswerten Beträgen auf, Louise Bourgeois Spider wurde in New York dieses Jahr für 32 Millionen Dollar versteigert. Auch das veränderte Umfeld im Kunstmarkt, die Digitalisierung und mehr Initiative verändern die Startbedingungen von Frauen. Auf einer Kunstinternetplattform zählt nicht das Geschlecht, es gibt weder eine Vorauswahl durch Galeristen, nur das Werk selbst zählt. Und wer denkt, das Internet verbillige die Kunst, fehlt. Wenn ich einmal tatsächlich Bilder „über“ habe und sie auf meiner bevorzugten Seite, Saatchi Online, anbiete, geht es die gleichen Beträge, die ich auch in meiner Werkstattgalerie aufrufe. Und wenn man dort mal links und rechts sich umsieht, gehen dort nicht nur meine Werke für anständige Preise über den Ladentisch, unabhängig vom Geschlecht.